Fehler als Ressource erkennen und nutzen
Von Kindesbeinen werden wir dazu angehalten, möglichst keine Fehler zu machen oder werden dafür sogar bestraft. Das heisst, wir wachsen mit einer klaren und unmissverständlichen Botschaft auf: Fehler tunlichst zu vermeiden. Dabei liegt es in der Natur des Menschen, Fehler zu machen: Ein Blick in die Biologie macht beispielsweise deutlich, dass durch Mutationen neue Eigenschaften entstehen können, die Vorteile mit sich bringen und so das Überleben und die Weiterentwicklung einer Art sichern. Fehler sind per se also nicht falsch oder negativ, nur weil sie gegen geltende Normen verstossen. Sie können uns vielmehr auch auf bislang nicht entdeckte Ressourcen stossen lassen oder neue Herangehensweisen aufzeigen. Für die allgemeine Entwicklung als auch das individuelle und kollektive Lernen sind Fehler somit notwendig und daher ungemein wichtig, ja sogar wertvoll.
Diese Tatsache gilt ebenso für lernende Organisationen.
Gerade mit steigender Komplexität und wachsender Unsicherheit muss sich ein Unternehmen langfristig immer wieder neu erfinden. Dabei geht es nicht mehr nur um einfache Lernprozesse als vielmehr um das „Lernen, wie man lernt“, sog. Lernen 2. Ordnung.
Gelingt es einer Organisation, die Mechanismen zu verstehen, die Lernprozesse fördern, ist damit eine wichtige Voraussetzung für langfristige Innovationsfähigkeit gegeben. Nur dann können Bedingungen aktiv so gestaltet werden, dass es zu einer Förderung und Entwicklung und Lernprozessen kommt. Fehler gehören dabei dazu. Mehr noch: sie sind lebensnotwendig, um anpassungsfähig zu bleiben.
Daher stellt sich die Frage, welche Bedingungen für die Etablierung einer solchen innovationsfähigen Fehlerkultur gegeben sein müssen.
Lernen durch Feedback
Zunächst benötigt es einen Feedbackmechanismus, der entweder aus der eigenen Handlung oder durch das Feedback anderer wie z.B. des Vorgesetzten oder eines anderen Mitarbeitenden resultiert. Weiterhin muss das gesamte System so konzipiert sein, dass Fehler tolerabel sind bzw. Massnahmen verhindern, dass diese zu einer Katastrophe führen und negative Auswirkungen für die gesamte Organisation haben. Dafür müssen technische, strukturelle aber auch prozessorientierte Vorbedingungen (z.B. Managemententscheidungen, Wartungsmängel, fehlendes Controlling, etc.) bestehen, die verhindern, dass ein aktiver Fehler folgenschwere Konsequenzen hat. Darüber hinaus ist es wichtig zu erkennen, dass Fehler aus Unwissen, falschem Wissen, fehlerhafter Umsetzung des Wissens, Unachtsamkeit oder aus Fahrlässigkeit entstehen können und daher ganz unterschiedliche Massnahmen erfordern. Ebenso relevant ist jedoch auch, dass entdeckte Optimierungspotential letzten Endes tatsächlich umzusetzen.
Dabei gibt es wichtige Aspekte, die zu beachten sind, um eine offene Fehlerkultur zu fördern:
Es gilt, Vertrauen und eine angstfreie Kultur zu schaffen, um Fehler aufzudecken und diese als wertvolles Feedback anzusehen. Nur so gelingt es, bestehende Prozesse und Strukturen zu verbessern und wirksame Massnahmen zu entwickeln. Mitarbeitende sollten dabei, wann immer möglich, einbezogen werden, um die Akzeptanz und Praxistauglichkeit der Massnahmen zu gewährleisten. Fehlverhalten darf nicht tabuisiert werden – unabhängig von der Ursache oder dem Verursacher.
Der Management- und Führungsebene kommt dabei eine wichtige Rolle zu: nicht nur der transparente Umgang mit eigenen Fehlern, sondern auch die Haltung, Fehler als Quellen der Weiterentwicklung und der stetigen Verbesserung anzusehen, wird letztlich die Fehlerkultur des Unternehmens entscheidend prägen und dessen Innovationsfähigkeit mitbestimmen.